Unter einem totalen Muttermundverschluss, kurz TMV, versteht man ein chirurgisch-operatives Verschließen des Muttermundes. Dieses Verfahren soll das Aufsteigen von Infektionen aus der Vagina in die Gebärmutter während einer Schwangerschaft verhindern. Denn eine vaginale und später aufsteigende Entzündung gefährdet eine bestehende Schwangerschaft und kann zu Fehlgeburten, frühzeitigem Blasensprung, Spätabort oder Frühgeburt führen.
Wem empfiehlt sich ein totaler Muttermundverschluss?
Wenn du bereits mehrere Kinder während der Schwangerschaft verloren hast, sprich mehrmals einen Abort hattest, könnte ein totaler Muttermundverschluss für dich in Betracht kommen. Dabei spielt vor allem der Zeitpunkt deiner Verluste und deren Ursache eine entscheidende Rolle. Handelt es sich dabei um eine Entzündung durch aufsteigende Keime, kann ein früher totaler Muttermundverschluss die Lösung sein.
Bei Fehlgeburten vor der 12. Schwangerschaftswoche spricht man von Frühaborten. Deren Ursache bleibt oft im Dunkeln. Häufig handelt es sich jedoch um veränderte, fehlerhafte Erbinformationen, Gerinnungsstörungen oder fehlerhafte Anlagen wie beispielsweise eine Blasenmole oder ein Windei. Bisher konnte kein Zusammenhang zwischen aufsteigenden Infektionen und Fehlgeburten in der frühen Schwangerschaft bewiesen werden.
Spätabort verhindern durch einen totalen Muttermundverschluss
Ein oder mehrere Spätaborte, der Verlust deines ungeborenen Kindes nach der 12. und vor der vollendeten 24. Schwangerschaftswoche, stellt hingegen einen guten Grund dar, einen totalen Muttermundverschluss in Erwägung zu ziehen. Oftmals handelt es sich um aufsteigende Infektionen aus der Scheide, die den Muttermund und den Gebärmutterhals erweichen, verkürzen und öffnen und somit Wehen und die zu frühe Geburt deines Kindes einleiten. Kommt die Auswirkungen noch vor der Geburt zum Stehen, droht eine dauerhafte Verkürzung des Gebärmutterhalses, fachsprachlich Cervixinsuffizienz.
Ein totaler Muttermundverschluss kann eine wirksame Barriere gegen aufsteigende Entzündungen darstellen und dadurch deine Schwangerschaft schützen und/oder verlängern.
Es lassen sich aber zwei Formen des TMV unterscheiden:
- akuter, später TMV –> hierbei handelt es sich um eine Art Rettungsversuch einer bereits akut drohenden Fehlgeburt, einer deutlichen Frühgeburt oder vorzeitigem Blasensprung. Selbst ohne chirurgisches Eingreifen eines Arztes kommt es in vielen Fällen zu Fehl- oder Frühgeburt
- prophylaktischer, früher TMV (FTMV) –> hierbei handelt es sich um einen vor erneutem Auftreten eines Spätaborts oder einer Frühgeburtlichkeit durchgeführten Eingriff.
Studie zeigt bessere Wirkung eines TMV gegenüber Cerclage
Zwischen 1999 und 2004 betreuten Forscher in Duisburg insgesamt 68 Patientinnen mit unterschiedlich ausgeprägter Gebärmutterhalsschwäche (Zervixinsuffizienz), bei denen in 47 Fällen eine Cerclage und in 21 Fällen ein totaler Muttermundverschluss durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse verblüfften: Durch einen prophylaktisch durchgeführten totalen Muttermundverschluss konnte die Schwangerschaft im Schnitt über 20 Wochen verlängert werden gegenüber 13 Wochen nach Cerclage erreicht werden. Dies führte zu einem deutlich späteren Entbindungszeitpunkt: 37+4 SSW nach TMV gegenüber 33+3 nach Cerclage. Allerdings handelte es sich bei den betrachteten, besten Ergebnissen des TMV wie oben genannt um prophylaktische Eingriffe, sprich eine Durchführung bevor bereits die direkte Fehl- beziehungsweise Frühgeburt droht.
Fazit der Studie: Wird der totale Muttermundverschluss oder früher totaler Muttermundverschluss vorsorglich und vor Eintreten eines erneuten Spätaborts oder einer drohenden Frühgeburt durchgeführt, erhöht er deutlich die Länge der verbleibenden Schwangerschaft sowie die Chance auf eine Geburt zu einem unkritischeren Zeitpunkt.
Bester Zeitpunkt für den Muttermundverschluss
Der frühe totale Muttermundverschluss (FTMV) hat die größte Wirksamkeit, wenn er vor der 12. Schwangerschaftswoche oder kurz danach durchgeführt wird. Der Termin liegt somit noch vor dem Einsetzen von Veränderungen am Muttermund oder Gebärmutterhals.
Wie wird der frühe Muttermundverschluss durchgeführt?
Ein prophylaktischer, früher totaler Muttermundverschluss (FTMV) nach der Saling-Methode ist ein chirurgischer Eingriff. Im Vorfeld sollte dein Arzt genauestens deine Vorgeschichte, die möglichen Gründe von Fehl- oder Frühgeburten mit dir besprochen haben. Auch sollte eine genaue, vaginale Untersuchung sowie ein Ultraschall durchgeführt werden. Zudem untersucht dein Arzt, ob bereits eine Infektion der Scheide vorliegt.
Nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch vereinbarst du einen Termin im Krankenhaus. Dieser Eingriff wird nicht ambulant durchgeführt.
Vor dem Eingriff macht der Arzt einen weiteren Ultraschall, um sicher zu stellen, dass mit der Schwangerschaft alles in Ordnung ist. Anschließend gehst du nüchtern in den OP und erhältst eine kurze Vollnarkose über die Vene.
Wenn du schläfst, wird die Scheide gründlich desinfiziert. Dann raut der operierende Arzt die äußeren Lippen des Muttermundes an oder entfernt vorsichtig deren oberste Schicht und verschließt diesen vollständig durch oder mehrere feine Nähte.
Möglicherweise erhältst du zum Schutz vor möglichen Infektionen ein in der Schwangerschaft verträgliches Antibiotikum. Dieses kann vor, während und/oder nach der Operation gegeben werden.
Nach der Operation wirst du wenig bis mäßig stark bluten. Dies ist völlig normal und kein Grund zur Sorge, denn es handelt sich schließlich um eine gewollte Wunde. Die Blutung lässt in der Regel binnen weniger Tage nach, wenn die Wunde und damit der Muttermund verheilt.
Bereits wenige Stunden nach der Operation, noch am gleich Tag, führen Ärzte in der Regel einen kurzen Ultraschall über die Bauchdecke durch. Dies dient in erster Linie dazu, dich zu beruhigen und dir zu zeigen, dass es deinem Baby gut geht. Vaginale Untersuchungen und vaginaler Ultraschall sollte vermieden werden.
Bis der Muttermund verheilt ist, bleibst du unter Aufsicht im Krankenhaus und solltest dich schonen. Nach spätestens 4 bis 7 Tagen wirst du nach Hause entlassen.
Wo sollte ich einen FTMV machen lassen?
Der Eingriff wird nicht von jeder Frauenklinik in Deutschland durchgeführt. Besonders sicher bist du und dein Baby in einer Klinik aufgehoben, die sich auf diesen Eingriff spezialisiert hat. Das Saling Institut hat diesbezüglich eine Adressliste für Spezialkliniken gesammelt.
Was sollte ich nach dem Eingriff beachten?
Nach dem Eingriff solltest du eine Zeit lang auf Geschlechtsverkehr verzichten, damit die Wunde besser und ungestört abheilen kann. Dein Frauenarzt kann bei nachfolgenden Untersuchungen entscheiden, ob der Muttermund schon vollständig verheilt ist. Dann ist auch Geschlechtsverkehr wieder erlaubt.
Kann ich nach TMV/FTMV vaginal entbinden?
Nach einem totalen Muttermundverschluss kannst du ganz normal vaginal und spontan entbinden. Dieser stellt kein Hindernis und schon gar keinen Grund für einen Kaiserschnitt dar. Allerdings können nach wie vor andere Gründe gegen eine natürlich Geburt sprechen, beispielsweise eine anstehende Geburt vor der 30. Schwangerschaftswoche.
Werden die Fäden vor der Geburt gezogen?
Beim totalen Muttermundverschluss handelt es sich um eine sehr feine Naht. Diese löst sich oft schon zum späten Ende deiner Schwangerschaft von selbst oder öffnet sich unter der Geburt von allein. Ein Fadenzug wie bei der Cerclage ist dementsprechend nicht nötig.
Hält der totale Muttermundverschluss derart konsequent bis zum Ende der Schwangerschaft, kann er vom Frauenarzt ambulant geöffnet werden. Dazu erhältst du zuvor eine kleine, lokale Betäubung.
Kann ich nach TMV/FTMV wieder schwanger werden?
Einer weiteren Schwangerschaft steht nach einem totalen Muttermundverschluss nichts im Wege. Sehr wahrscheinlich wird dir dann erneut zum einem TMMV oder FTMV geraten.
Weiterführende Fachliteratur: Zentralblatt für Gynäkologie, PubMed „Randomised trial of cervical cerclage, with and without occlusion, for the prevention of preterm birth in women suspected for cervical insufficiency.“, FTMV Saling-Institut
Dieser Beitrag ersetzt weder einen Arztbesuch, noch stellt er eine Behandlungsempfehlung dar. Er dient lediglich der Information.